
Die Verantwortung ist groß, die man als Chef der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di hat.
Mit rund 2,4 Millionen Mitgliedern ist ver.di die größte freie Einzelgewerkschaft der Welt. Als Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft betreuen wir Beschäftigte in mehr als 1.000 Berufen. Damit sind wir fit für die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts.So kompetent wie diese Selbstdarstellung von der Ver.di-Webseite auch klingen mag - so vorausschauend auf die großen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts - so falsch handelt dessen Führung dagegen. Denn eine der größten Herausforderungen des 21. Jahrhunderts - die der zur Neige gehenden fossilen und atomaren Energieträger und die global desaströse Energieorgie - scheint zumindest Ver.di-Chef Frank Bsirske noch nicht wirklich realisiert zu haben. Dass Bsirske Grünen-Mitglied ist, klingt da nur wie ein schlechtes Alibi.
So unterzeichnete die Gewerkschaft kürzlich ein Positionspapier gemeinsam mit den vier Oligopolen der deutschen Energiewirtschaft - EnBW, RWE, Vattenfall und EON. Das Papier spricht eine deutliche Sprache gegen die bisherige Energiepolitik der letzten Bundesregierung - und versucht offensiv die neue unter Kanzlerin Merkel unter Druck zu setzen:
Einzelne Energieträger dürfen nicht aus ideologischen Gründen aufgegeben werden.Nehmen wir die einzelnen Aussagen auseinander. Es ist gemeint, dass die Atomkraft nicht aus idiologischen Gründen aufgegeben werden darf. Dass es jedoch eine große Anzahl von handfesten und rational erklärbaren Gründen für ein Ende der Atomkraftnutzung gibt, soll hier nicht weiter ausgeführt werden. Zumindest aber zeigt die Aussage eine größere Angst der Initiatoren des Papiers, den großen Energie-Oligopolen, vor dem Verlust an Einfluss. Denn ideologische Gründe gibt es ja aus deren Warte nicht nur für den Atomausstieg sondern auch für die massve Förderung der erneuerbaren Energien in Deutschland. Beide Entwicklungen stellen eine große strukturelle Bedrohung für die Konzerne da, die sich bisher wenig, aber in zunehmenden Maße abzeichnet. Diese sind voll auf eine zentralisierte Energieversorgung ausgerichtet, die Strom aus Großkraftwerken bereitstellt. Atomkraftwerke sind dabei eine hochprofitable Angelegenheit auf Kosten der Gesellschaft, denn neben vielen direkten und indirekten Subventionen des Staates bei Bau und Betrieb sind sie hier haftungsmäßig auf Kosten der Bürger abgesichert.
[...] Ferner können mit der Kernenergie angesichts der mittelfristig anhaltenden Knappheiten im europäischen Strommarkt preisdämpfende Effekte erzielt werden.
[...] Vor diesem Hintergrund sollte angedacht werden, den Einsatz der Kernenergie allein auf den Sicherheitsnachweis der Anlagen abzustellen.
Da Rückstellungen während des Betriebs nicht etwa für atomare Unfälle oder die Endlagerung einfach zurückgelegt werden, sondern von den Konzernen als Gewinn verwendet werden kann, ist der AKW-Betrieb so profitabel. Welches Unternehmen würde sich das entgehen lassen. - Doch der gesellschaftliche Preis dafür ist zu hoch. Die zahlt nämlich letztlich die Zeche für die scheinbar günstige Energie: Endlagerung über tausende Generationen, Strahlungsrisiko und vieles mehr sind externe Kosten, die in keiner Stromrechnung auftauchen.
Wenn auch die Forderungen über die Laufzeitverlängerungeen aus marktwirtschaftlicher Sicht der Konzerne leicht nachzuvollziehen sind, sind die Gründe für den Ver.di-Chef Bsirske das Papier zu unterzeichnen nicht nachvollziehbar. Vielmehr ist die Entscheidung nicht zu verantworten in Zeiten, in denen die Verknappung fossiler Ressourcen bereits globale Konflikte verursacht. Uran ist zwar kein fossiler Rohstoff, dennoch wird er innerhalb der nächsten Jahrzehnte ebenso schwinden.
Aus Sicht des Chefs der größten Einzelgewerkschaft der Welt müsste daher klar sein, dass die fossil-atomare Energiewirtschaft eine Sackgasse ist. Auch wenn er zugegebenermaßen auch die Interessen derer Angestellten vertritt, ist doch gesamtwirtschaftlich der Wechsel zu erneuerbaren Energien nicht nur für Klima und Ökosphäre der bessere Weg. Auch für den deutschen Arbeitsmarkt ist ein möglichst schneller und breiter Umstieg auf Wind, Sonne, Biomasse und Geothermie das beste, was ihm passieren kann. Denn diese verursachen eine starke Regionalisierung der Arbeitskraft, z.B. bei der Biomasseernte , die wenig Sinn in weit entfernten Ländern macht.
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